Am Freitagabend zeigte das ZDF eine der vielen Listenshows, die momentan so beliebt sind. Da das ZDF ja etwas Besseres sein will, als so ein Privatsender, versuchte man das Format damit in die Seriosität zu heben, indem man dem Ganzen einen Hauch von offizieller Wahl verpasste: „Unsere (damit ist jeder in Deutschland gemeint) Besten (die tatsächlich besten Vertreter der Zunft)“ war der Name zum entsprechend beworbenen Programm. Dass sich diese Sendung des ZDF nicht viel von denen der Privaten unterschied, war schnell klar. Es gab einen Moderator (Allzweckwaffe Johannes Babtist Kerner), der auf einer Couch eine Reihe Prominenter um sich scharte und die entsprechende TopIrgendwas abarbeitete. Zwischendurch gab es ein paar Showacts aus dieser Liste.
Ich weiß auch nicht so genau, warum ich mir die Sendung antat. Vielleicht, um etwas in Erinnerungen zu schwelgen. Solche Listenshows sind nämlich recht clever aufgebaut. Die rückwärts abgespulte Top50 erzeugt Spannung. Wer wird denn nun „Der beste Musikstar Deutschlands“? Die Einspieler zu den Platzierten sind tatsächlich recht informativ und interessant. Auf das Gelaber der Gäste kann man gern verzichten, die live-Musik ist Geschmackssache. So habe ich am Freitag das erste Mal Tokio Hotel ihr Werk verrichten sehen. Die können schon Musik machen, wenngleich sie nicht wirklich besser ist, als die Musik vieler anderer talentierter Bands. Mit ihrem Auftreten sprechen sie aber gerade viele Teenies an. Es wäre interessant, die Herrschaften in 20 Jahren zu sehen.
Die eigentliche Top50 ist ohne wirkliche Aussagekraft für die Musik im deutschsprachigen Raum, vielmehr sagt sie etwas über das Publikum des ZDF aus. Überraschend dabei, dass jene Tokio Hotel-Jungs auf einem 23. Platz landeten. Gibt es tatsächlich junge Zuschauer beim ZDF? Oder haben die Enkel der Zuschauer, die den Alten bei der Internetwahl halfen, bei der Gelegenheit gleich ihre eigene Stimme abgegeben? Den hohen Altersschnitt der Zuschauer findet man wunderbar in der Liste präsentiert. Da ist Roy Black auf 7, André Rieu auf 10, die Schürzenjäger auf 14 oder PUR auf Platz 16. Ebenfalls erstaunlich sind die Böhsen Onkelz auf Nummero 25. Diese Platzierung zu interpretieren, wage ich mich nicht.
Würde man tatsächlich eine reelle Wahl durchführen und das Können der Musikstars beurteilen, müssten auf den ersten Plätzen die klassischen Komponisten liegen. So kommt es aber zu seltsamen Konstellationen: So liegt beim ZDF DJ Bobo vor Bach, Nena vor Beethoven und Udo Jürgens vor Mozart. Seltsam muten auch Namen wie DJ Ötzi (42) und Howard Carpendale (19) an, die sich eigentlich nur im Covern von Songs verstehen. Witzig dagegen sind die Platzierungen von BAP (22) und de Höhner (11) in der Top50. Kölner schauen gerne ZDF! Gewonnen hat übrigens Herbert Grönemeyer. Angesichts seiner jahrelangen Präsenz, den vielen Hits und der großen Fangemeinde ist dieses Ergebnis sogar vertretbar.
Über bloßen Unterhaltungswert kommt auch diese Listenshow nicht hinaus. Manchmal reicht das aber schon für einen angenehmen Abend aus …