Lars und die Frauen

Liebe in Zeiten der Einsamkeit

larsandtherealgirl.jpgLars (Ryan Gosling) ist schüchtern und lebt zurückgezogen in einer Garage. Eines Tages stellt er seinem Bruder Gus (Paul Schneider) und dessen schwangeren Frau Karin (Emily Mortimer) seine neue Freundin vor, die er über das Internet kennen gelernt hat. Sie heißt Bianca, ist Halbbrasilianerin mit Krankenschwesterausbildung … und aus gefühlsechtem Gummi! Was nach einer albernen Trampelkomödie der Farrelly-Brüder aussieht, entpuppt sich als einfühlsames Drama über die Folgen der Einsamkeit mit einem großartig aufspielenden Ryan Gosling (Stay, Das perfekte Verbrechen).

Einsamkeit kann krank machen. Seelisch krank. Geisteskrank? Um es mit Paolo Coehlo in Veronika beschließt zu sterben zu sagen: Verrücktheit ist die individuelle Wahrnehmung der Realität. Demzufolge sind alle Menschen verrückt – oder keiner! Wie auch die Ärztin (Patricia Clarkson) in Lars und die Frauen erkennt, hat Lars eine Wahrnehmungsstörung, deren Ursache erkannt werden muss. Sie empfiehlt, Lars seine Störung ausleben zu lassen.

Das Setting ist treffend gewählt. Nur in einem kleinen amerikanischen Dorf („auf dem Lande“) ließ sich die Idee so umsetzen, dass sie nicht der Lächerlichkeit preisgegeben wird. Die Bewohner machen das Spiel (teils auch widerwillig) mit und geben sich so, als wäre die Real Doll Bianca eine richtige Frau. Man kennt sich und hilft sich. Lars ist ein seltsamer, aber liebenswerter Bursche, dem man nicht schaden will. So erhält das seinem eigentlichen Verwendungszweck beraubte „Sexspielzeug“ sogar Eintritt in die Kirche des Ortes.

Regisseur Craig Gillespie inszeniert sehr zurückhaltend, ganz gegen die Regeln seiner ehemaligen Tätigkeit als Werbefilmer. Er bedient kaum Klischees und versucht Lars so normal wie möglich darzustellen. Der Film ist keine Freakshow. Hinter dem schrägen Äußeren verbirgt sich eine feinfühlig erzählte Geschichte, die oft anrührend und auch nachdenklich ist. Auf einige situationsbedingte Späße zur Auflockerung wird aber nicht verzichtet. Die Mischung stimmt. Nur ganz selten wirkt das Gezeigte etwas künstlich und fast zu zurückhaltend.

Ryan Gosling folgt seinem Regisseur. Er gibt nicht den abgedrehten Irren aus dem Lehrbuch, er macht Lars vielmehr menschlich, lässt den Wahn nur dezent aufblitzen und die Figur so sympathisch erscheinen, dass man sich als Zuschauer mit ihr identifizieren kann. So fühlt und leidet man mit ihm – ein weiterer Punkt, dass der Film überhaupt funktioniert.

lars2.jpg

Lars and the real girl (so der etwas treffendere Originaltitel) ist ein sympathischer unaufgeregter kleiner Film über die Folgen der Einsamkeit, den Umgang mit dem Abnormen und nicht zuletzt ein Aufruf, nicht nur das Offensichtliche zu sehen. Das eigentliche Wesen eines Menschen liegt meist hinter einem Schutzwall verborgen, der durch die Gesellschaft auferzwungen wurde. Mit etwas Willen kann man sogar in einer Gummipuppe einen Menschen mit Charakter sehen, ihn respektieren und lieben.

8/10 Pillen zur Entwöhnung

(auch auf kino.de)

16 Antworten to “Lars und die Frauen”

  1. Auf den freu ich mich auch schon riesig und nach deinen Worten sogar noch mehr 🙂

  2. Der Film wird momentan ziemlich viel gesneakt. Vielleicht hast Du ja vorher schon Glück, es sei denn, Du gehst in keine Sneak! 😉

  3. Ich gehe in eine Sneak, aber die sneaken immer nur scheiße 😀
    http://www.kinobb.de/sneak
    wenn du dich überzeugen willst 😉

  4. @ Rudi

    Naja, das ist durchwachsen. Ich bin recht zufrieden:

    http://tinyurl.com/2rluet

  5. 😀 Bei euch lief 2x ONCE in der Sneak? Net schlecht 😉

  6. @ Rudi

    Das Weihnachtsspecial mit mehreren Filmen zählt doch nicht als richtige Sneak! Da geht man doch nicht ins Kino! 😉

  7. Ich will auch wieder meine gute alte Sneak haben…

    Immerhin wurde in dem Kino wieder eine Sneak eingeführt, und sogar eine reine OV-Sneak! Leider immer nur einmal im Monat, und da kann ich jetzt schon sagen, dass ich die nächsten 3 Monate nicht dahin können werde. Plöd. Die Welt ist ein Arsch.

    Und „Lars and the real girl“ – da wees ick noch nicht so recht…

  8. Oha, Weihnachtssecial? Habt ihr da alle die Filme am Stück gesehen? Oder von jedem nur ne Viertelstunde? Kann ich grad nichts mit anfangen *grübel*

  9. @ Rudi

    Ja, bei der Weihnachtssneak liefen 6 (?) komplette Filme, von denen 3 auch in der regulären Sneak kamen. Für einen Dauersneaker also keine interessante Veranstaltung, weshalb ich auch nicht da war.

    @ hirngabel

    Die Welt ist ein Arsch.
    Nein, Köln ist am … 😀

  10. …Rhein. Korrekt.
    Aber was hat das mit meinem Satz zu tun?

  11. @ hirngabel

    Aber was hat das mit meinem Satz zu tun?

    Ist die Frage ernst gemeint? Die Antwort würde lauten: Köln ist am …, weil es da keine vernünftige Sneak gibt! 😉

  12. Ja, genau. Total ernst gemeint. ^^

    C’mon, du kennst mich doch. =)

  13. Jetzt kam er auch in meiner Sneak und ich bin restlos begeistert! Ganz klare 10/10 Punkte meinerseits 🙂

  14. […] Lars und die Frauen (Sneak) Siehe Kritik! […]

  15. […] Lars und die Frauen (Craig Gillespie) Siehe Kritik! […]

Hinterlasse einen Kommentar