Archiv für ZDF

Zur Qualitätsdebatte um das deutsche Fernsehen

Posted in Glotzophonie with tags , , , , on Samstag, 18. Oktober 2008 by mediensucht

Alle Welt – naja, zumindest die deutschen Feuilletons – regen sich über die Qualität des deutschen Fernsehens auf. Marcel Reich-Ranicki wird als Held gefeiert, der sich der Verblödung des TV entgegenstellt. Dass die Qualität der Fernsehlandschaft zu wünschen übrig lässt, ist allerorts unbestritten. Bezüglich der Ursachen wird gestritten. Über eines müssen wir uns aber im Klaren sein: Über das, was im TV gesendet wird, entscheiden die Senderchefs nicht wirklich. Der Zuschauer hat die Fernbedienung in der Hand … und ist zu blöd, damit umzugehen.

Auch beim Fernsehen herrscht die Marktwirtschaft, das Programm unterliegt demzufolge auch Angebot und Nachfrage. Immer wieder versuchen es auch intelligentere Formate auf dem Markt, werden aber vom Zuschauer nicht nachgefragt. Realityshows und einfältige Comedy-Serien haben dagegen hohe Einschaltquoten. Leider kommen die öffentlich rechtlichen Sender seit Jahren ihrem Sendeauftrag nicht nach und versuchen, die privaten Sender zu kopieren, anstatt die Qualität hochzuhalten. Die immensen TV-Gebühren werden lieber in dämlichen Shows (Wetten, dass …? gehört inzwischen leider auch dazu) verpulvert.

Sehen wir der Realität ins Auge. Solange der Zuschauer nicht bereit ist, Qualitätsfernsehen mit höheren Einschaltquoten zu belohnen (die schrägen Kriterien der Quotenmessung sind ein anderes Thema), können wir ewig auf besseres Fernsehen warten und debattieren. Der Bildungsbürger verzichtet immer mehr auf`s Fernsehen und weicht auf andere Medien aus. Leider sieht es in den Kinos auch nicht besser aus. Im Endeffekt wird RTL-Chef Zeiler Recht behalten, wenn er sagt, die Aufregung um Reich-Ranicki sei irrelevant. Das ist nur ein Strohfeuer. Warum sollte die gesellschaftliche Verblödung ausgerechnet vor dem Fernseher halt machen?

Um nicht völlig schwarz zu malen, noch ein paar Worte zur Ehrenrettung des Fernsehens. Noch gibt es gute Sendungen im TV. Einige brillante Serien aus den USA schaffen es immer wieder nach Deutschland, auch wenn das Terrain immer schwieriger wird. Auch in Deutschland produziertes Fernsehen kann sich sehen lassen. Viele deutsche Krimiserien der Öffentlich-rechtlichen sind hervorragend gemacht und an deutschen öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen wie dem heute-journal können sich auch die Amis eine Scheibe abschneiden. Ab und zu steht eben „öffentlich-rechtlich“ noch für Qualität.

Der Auslöser für die Debatte, die Preisverleihung an Reich-Ranicki, wirft Rätsel auf. Wer kam auf die seltsame Idee, einem Literaturkritiker, der vor einiger Zeit mal eine kleine Sendung im Spätprogramm des ZDF hatte, einen Fernsehehrenpreis zu verleihen? Gibt es nicht genügend verdiente Fernsehschaffende? Hat man dem Produzenten der Show ZDF Zugeständnisse machen müssen? Es muss doch klar gewesen sein, wie ein Literaturfan, der kaum vor dem Fernseher sitzt, reagiert, wenn ihm die Essenz des Blöden in ausführlicher Art und Weise dargeboten wird. Den Schock Atze Schröder muss man als 88-Jähriger erst mal verkraften. Amüsant war es dennoch, bei der Rede von Reich-Ranicki die entsetzten Gesichter einiger sogenannter „ Stars“ des deutschen Fernsehens zu sehen. Am Ende kann man sich aber nur so helfen: Gezielt fernsehen oder gar nicht erst die Glotze einschalten.

Bilder: Welt, Spiegel (dpa)

Tripods – Die dreibeinigen Herrscher

Posted in Glotzophonie, Serienjunkietum with tags , , , , , , , on Samstag, 2. Februar 2008 by mediensucht

dreibeiner.jpgMitte der 80er Jahre gab es im Kinderfernsehen des ZDF eine Serie, die mich damals ziemlich beeindruckte. Dabei handelte es sich um eine Science-Fiction-Serie der BBC, die für mich den ersten Kontakt zu außerirdischem Leben schaffte. Die nach der Vorlage von John Christopher „Die dreibeinigen Monster“ eigentlich auf drei Staffeln ausgelegte Serie The Tripods wurde wegen zu hoher Produktionskosten nach der zweiten Staffel und insgesamt 25 Folgen eingestellt.

In naher Zukunft herrschen auf der Erde dreibeinige Maschinen. Die Menschheit wurde zum großen Teil vernichtet. Die restlichen Menschen leben in ins Mittelalter zurückgesetzten Dörfern unter einfachen Umständen. Im Alter von 14 Jahren werden sie geweiht. Dabei bekommen sie eine goldene Kappe eingepflanzt, die ihnen Emotionen (u.a. Gewalt) und die Kreativität nimmt. Die zwei Jungen Will und Henry flüchten aus einem englischen Dorf, um in den Alpen auf einen Rest freie Menschen zu treffen. Staffel 1 (Folge 1-13) besteht dann auch hauptsächlich aus dieser Fluchtgeschichte durch England und Frankreich. Das ist zum Teil etwas langatmig. Die Dreibeiner, die an jene aus Krieg der Welten nach H.G. Wells angelehnt sind, sieht man vorerst nur in der Ferne. Schon hier ist die mittelalterliche Welt prächtig ausgestattet. Das unbeholfene Overacting ist irgendwie witzig und sympathisch.

Richtig zur Sache geht es dann in der zweiten Staffel (Folge 14-25). Jetzt kommt zu klassische Science-Fiction: Um in die Stadt der Dreibeiner zu kommen, müssen die Protagonisten einen Wettbewerb gewinnen. In der Stadt treffen sie dann auf seltsame dreibeinige Bioformen, die mit der Menschheit Böses vorhaben. Nun ist das Setting futuristisch und es wird philosophisch. Auch hier ist die Ausstattung fantastisch, was die Serie wohl nochmals verteuert hat. Da es nie zur dritten Staffel kam, endet die letzte Folge mit einem großen Cliffhanger.

 

tripods2.jpg

Aus heutiger Sicht wirkt das Ganze natürlich etwas antik, aber durchaus charmant. Wenn man die erste Staffel erst mal überstanden hat, lohnt sich der Rest auch heute noch. Für einen Heranwachsenden in den 80ern des letzten Jahrhundert war das Alles nicht nur filmisches Neuland, sondern hat auch einen tiefen Eindruck hinterlassen, was für beängstigende Gefühle und auch Faszination so eine Fernsehserie auslösen kann.

Unsere besten Musikstars

Posted in Beschallungsabhängigkeit, Glotzophonie with tags , , , , , on Sonntag, 25. November 2007 by mediensucht

Am Freitagabend zeigte das ZDF eine der vielen Listenshows, die momentan so beliebt sind. Da das ZDF ja etwas Besseres sein will, als so ein Privatsender, versuchte man das Format damit in die Seriosität zu heben, indem man dem Ganzen einen Hauch von offizieller Wahl verpasste: „Unsere (damit ist jeder in Deutschland gemeint) Besten (die tatsächlich besten Vertreter der Zunft)“ war der Name zum entsprechend beworbenen Programm. Dass sich diese Sendung des ZDF nicht viel von denen der Privaten unterschied, war schnell klar. Es gab einen Moderator (Allzweckwaffe Johannes Babtist Kerner), der auf einer Couch eine Reihe Prominenter um sich scharte und die entsprechende TopIrgendwas abarbeitete. Zwischendurch gab es ein paar Showacts aus dieser Liste.

Ich weiß auch nicht so genau, warum ich mir die Sendung antat. Vielleicht, um etwas in Erinnerungen zu schwelgen. Solche Listenshows sind nämlich recht clever aufgebaut. Die rückwärts abgespulte Top50 erzeugt Spannung. Wer wird denn nun „Der beste Musikstar Deutschlands“? Die Einspieler zu den Platzierten sind tatsächlich recht informativ und interessant. Auf das Gelaber der Gäste kann man gern verzichten, die live-Musik ist Geschmackssache. So habe ich am Freitag das erste Mal Tokio Hotel ihr Werk verrichten sehen. Die können schon Musik machen, wenngleich sie nicht wirklich besser ist, als die Musik vieler anderer talentierter Bands. Mit ihrem Auftreten sprechen sie aber gerade viele Teenies an. Es wäre interessant, die Herrschaften in 20 Jahren zu sehen.

Die eigentliche Top50 ist ohne wirkliche Aussagekraft für die Musik im deutschsprachigen Raum, vielmehr sagt sie etwas über das Publikum des ZDF aus. Überraschend dabei, dass jene Tokio Hotel-Jungs auf einem 23. Platz landeten. Gibt es tatsächlich junge Zuschauer beim ZDF? Oder haben die Enkel der Zuschauer, die den Alten bei der Internetwahl halfen, bei der Gelegenheit gleich ihre eigene Stimme abgegeben? Den hohen Altersschnitt der Zuschauer findet man wunderbar in der Liste präsentiert. Da ist Roy Black auf 7, André Rieu auf 10, die Schürzenjäger auf 14 oder PUR auf Platz 16. Ebenfalls erstaunlich sind die Böhsen Onkelz auf Nummero 25. Diese Platzierung zu interpretieren, wage ich mich nicht.

Würde man tatsächlich eine reelle Wahl durchführen und das Können der Musikstars beurteilen, müssten auf den ersten Plätzen die klassischen Komponisten liegen. So kommt es aber zu seltsamen Konstellationen: So liegt beim ZDF DJ Bobo vor Bach, Nena vor Beethoven und Udo Jürgens vor Mozart. Seltsam muten auch Namen wie DJ Ötzi (42) und Howard Carpendale (19) an, die sich eigentlich nur im Covern von Songs verstehen. Witzig dagegen sind die Platzierungen von BAP (22) und de Höhner (11) in der Top50. Kölner schauen gerne ZDF! Gewonnen hat übrigens Herbert Grönemeyer. Angesichts seiner jahrelangen Präsenz, den vielen Hits und der großen Fangemeinde ist dieses Ergebnis sogar vertretbar.

Über bloßen Unterhaltungswert kommt auch diese Listenshow nicht hinaus. Manchmal reicht das aber schon für einen angenehmen Abend aus …