Outsourced – Auf Umwegen zum Glück

Eine Leerstunde zum Thema Globalisierung
outsourced.jpg Liebe Schülerinnen, liebe Schüler,

heute geht es in unserer Lehrstunde um das Thema Globalisierung. Immer mehr Firmen verlagern Jobs ins Ausland, wo die Löhne und Betriebskosten weit geringer sind. Dass die entlassenen Arbeiter im eigenen Land irgendwann die Produkte nicht mehr kaufen können, weil sie nur noch von der Stütze leben, interessiert uns jetzt nicht. Wie wir bereits wissen, gibt es in den Ländern, in die die Arbeitsplätze meist verlagert werden, kulturelle Begebenheiten, die dem normalen Europäer oder Nordamerikaner fremd sind. Ein schönes Beispiel dafür ist Indien, ein ehemaliges Dritte-Welt- bzw. Schwellenland, das heute zu den am schnellsten wachsenden Industriemächten der Welt gehört. Dort gibt es zwar noch vergleichsweise geringe Löhne, aber dazu ein Know-How, das weltweit mithalten kann. Indien hat allerdings immer noch mit vielen Problemen wie Armut, Kriminalität und religiösen Konflikten zu kämpfen.

Als Anschauungsmaterial habe ich Euch einen Film aus den USA mitgebracht. Er ist von Spielfilm-Regiedebütant John Jeffcoat und handelt von Todd Anderson (Josh Hamilton), der von seinem Chef beauftragt wird, in Indien seinen eigenen Nachfolger einzuarbeiten. Todd ist nämlich Call-Center-Manager einer Firma, die u.a. kitschige US-Devotionalien verkauft. Als er nach Indien kommt, tritt Todd natürlich in jedes kulturelle Fettnäpfchen, das sich bietet. Dabei werden die üblichen Klischees bedient, damit auch jeder mitbekommt – ja, auch Du in der letzten Reihe – was die Turmuhr geschlagen hat. Es scheint neuerdings üblich zu sein (siehe beispielsweise Chuck&Larry), die klischeebehaftete Welt zu verurteilen und dabei selbst noch einmal kräftig in die Kerbe zu hauen. Also, liebe Wissbegierigen, was lernen wir? In Indien gibt es überall klauende Kinder, verseuchtes Wasser, volle Züge und Massen von Menschen!

Ich hatte Jeffcoat zwei Listen mit Themen gegeben, die er verarbeiten sollte. Leider hat er aber die wichtige Liste mit den brisanten Themen mit der Nebenthemenliste verwechselt. So gibt es leider keinen Zusammenprall der Kulturen und bis auf eine wunderbar kritische Szene auch keine Globalisierungsanalyse. Nicht uncleverer Weise hat der deutsche Verleih dem Titel „Outsourced“ noch ein „Auf Umwegen zum Glück“ angehängt. Da es mit dem Globalisierungsthema nicht so richtig geklappt hat, wurde nämlich in den Film noch eine Love-Story eingeflechtet. Mit dem Zusatztitel weiß der Zuschauer nun, dass man sich auf Telenovela-Niveau bewegt. Fragen, wer denn nun diese Hauptfigur namens „Outsourced“ ist und ob man sie nicht hätte „Julia“ oder „Bianca“ nennen können, werden nicht beantwortet. Die sogenannte Liebesgeschichte ist dann auch sehr naiv und vorhersehbar erzählt.

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Naiv und vorhersehbar ist der ganze Film. Was man ihm aber zu Gute halten muss, ist die äußerst sympathische und warmherzige Präsentation der Geschichte. Er ist also eigentlich eine Gute-Laune-Schmonzette mit beschwingter indischer Musik und bunten Farben, wenn da nicht die vielen ungenutzten Möglichkeiten wären, die das selbstauferlegte Thema böte. Mehr als seichte Unterhaltung offeriert der Film nicht, vom „heißen gesellschaftspolitischen Eisen“ (laut Presse) keine Spur. Trotzdem wünsche ich Euch jetzt viel Spaß. Zur Ausarbeitung des Themas lest aber bitte daheim ein Buch oder schaut Euch eine Dokumentation an. Nächste Woche zur Klausur fordere ich wesentlich mehr Wissen und Einsichten, als dass sie der Film vermittelt!

Studienrat Mediensucht

4/10 Pillen zur Entwöhnung

(auch auf kino.de)

5 Antworten to “Outsourced – Auf Umwegen zum Glück”

  1. Sehr geehrter Herr Studienrat,

    habe ich mir denn schon einen Pluspunkt verdient, wenn ich Ihre wohlgeratene Lehrstunde in weniger als 6,00Minuten verinnerlicht habe? Dies kann ich Ihnen gern jederzeit wieder beweisen.
    Auch werde ich weiterhin täglich an meiner Aussprache von „Chicaaago“ üben.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Valentine

  2. Valentine, ich führe dann bei der nächsten Sneak eine mündliche Prüfung durch!^^ Und wenn die BVG nächsten Montag nicht mehr streiken sollte, bin ich sogar persönlich anwesend! Bis dahin: ÜBEN!
    😀

    p.s.: Musste tatsächlich etwas überlegen, welcher realen Person ich den Webnamen Valentine zuordnen soll, ließ sich dann aber schnell eingrenzen!
    😉

  3. Tja, ich gratuliere, dass deine Hirnzellen immer noch gut zu funktionieren scheinen! 😀

  4. @ Valentine

    Ja, noch! 😀

  5. […] Outsourced – Auf Umwegen zum Glück (John Jeffcoat) Siehe Kritik. […]

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